Der Platz, auf dem vor 200 Jahren der heutige Wagner-Hof gebaut wurde, war bereits seit der Mitte des 18. Jahrhunderts
landwirtschaftlich genutzt. Nach Aufhebung und Schleifung der Festung Breisach 1742/45 wurden auch die Kasernen, die auf diesem Platz standen, abgerissen. Das benachbarte einstige Militärspital
an der Ecke der heutigen Galeerengasse und Kupfertorstraße wurde 1765 in ein Waisen-, Zucht- und Arbeitshaus, das Breisgauische Landesgefängnis, umgewandelt und teilweise auch
umgebaut.
Diese Einrichtung wurde von 1768 an als Florettseiden- und Leinwandfabrik betrieben. Die von den Gefangenen hergestellten
Erzeugnisse wurden wegen ihrer hohen Qualität sogar nach Italien und Böhmen exportiert. Zur Versorgung der Insassen wurde nördlich des Gebäudes in Richtung des heutigen Neuen Wegs ein Nutzgarten
angelegt und dazu eine große Scheune am nördlichem Ende des Gartens errichtet.
Beim französischen Brandbombardement im September 1793 wurden das Gefängnis mit Fabrik und die "Zuchthausscheuer" zerstört. 1807
versteigerte dann die Stadt als neue Eigentümerin des Grundstückes den "Scheurenplatz" an den Witwer und "Ackersmann", also Landwirt, Joseph Hau, der im folgenden Jahr auf den Ruinen der alten
Zuchthausscheuer ein stattliches zweistöckiges Wohn- und Ökonomiegebäude errichtete, den heutigen Wagnerhof.
Kurz darauf, im Januar 1809, heiratete Joseph Hau, dessen erste Ehefrau 1806 nach der Geburt ihres einzigen Kindes gestorben war,
Magdalena Bueb, die jedoch ebenfalls vor ihrem Mann, im Revolutionsjahr 1849 verstarb.
In der Feuerversicherung von 1842 wurde der Wert des Anwesens mit Scheuer, Stallung, Schweineställen, Schopf und Waschhaus mit
knapp 6000 Gulden bemessen und zählte damit zu den wertvollsten Immobilien Breisachs.
Sein Erbauer und Besitzer Joseph Hau, zeitweise auch Gemeinderat und ein Bruder des berühmten Breisacher Kaufmanns und
zeitweiligen Bürgermeisters Johann Baptist Hau, starb 1861 im Alter von 76 Jahren.
Den Hof erbte sein Sohn Joseph Hau junior, der ihn bis zu seinem Tod 1894 bewirtschaftete. Seine Witwe starb 4 Jahre
später.
Sie vererbte den Hof an ihre Tochter Karolina, Ehefrau des Landwirts August Wagner. August und Karolina Wagner investierten in das
große Anwesen 1903 mit dem Bau eines Wagenschopfes mit Schweinestall, Brenn- und Waschküche und 1929 mit dem Bau einer Scheuer mit Gewölbekeller am Rempartweg.
1943 wurde ein neuer Pferde- und Schweinestall mit Geräteschuppen errichtet. Doch im Januar 1945 starb August Wagner bei der Evakuierung in Möhringen. Die teilweise schwere Beschädigung seines Anwesens durch Artilleriefeuer im Februar bis April 1945 musste er somit nicht mehr miterleben. Sein Sohn Otto Wagner setzte den Hof wieder instand. Dessen Sohn Fritz heiratete 1961 Magdalena Bohn aus Jechtingen. Aus der Ehe gingen 9 Kinder hervor.
1968 wurde der Hof wiederum vergrößert. Der Pferde- und Schweinestall wurde erweitert und die mittlere Hofeinfahrt mit einer
Empore überdacht. Als Fritz Wagner 1996 starb, führte seine Witwe den Hof bis zur Übergabe an ihren Sohn August im Jahre 2005 weiter.
Quelle: Badische Zeitung 18.09.2006